Hörst Du den Unterschied?
Im Video zu unserem Blogbeitrag 99 € vs. 150.000 € – Hörst Du den Unterschied? haben wir Dir 13 verschiedene Klavieraufnahmen vorgespielt. Du konntest selbst beurteilen, welche Aufnahme mit einem Digitalpiano und welche mit einem echten Flügel gemacht wurden. Hier stellen wir Dir die Auflösung vor.
Die eingesetzten Pianos
Die digitalen Klänge stammen von Computer Plug-Ins der Firma Native Instruments. Die Aufnahmen wurden mit einem Digitalklavier eingespielt, aber welches da verwendet wird, ist vollkommen egal. Das liegt daran, weil die Klänge von einem Computer erzeugt werden und nicht von dem eingesetzten Klavier.
Die Aufnahmen der echten Klaviere wurden auf einem Steinway A-188 (Neupreis ca. 100.000 €) und einem Bösendorfer 290 Imperial (Neupreis ca. 150.000 €) eingespielt.
Informationen zur Mikrofonierung und weitere Details kannst Du in meiner wissenschaftlichen Studie nachschauen.
Die Testmethode in Kürze
Eine der dreizehn Aufnahmen wurde mit einem sehr schlecht gesampelten Klavier eingespielt. Im Grunde genommen wurde sie gar nicht eingespielt, sondern eher programmiert und genau quantisiert. Das bedeutet, das jeder Ton zeitlich ganz exakt gespielt wird. Dadurch entsteht ein sehr mechanischer und künstlicher Eindruck – ein Mensch könnte so exakt gar nicht spielen.
Diese Aufnahme diente zur Überprüfung der Testbedingungen. Damit wollte ich herausfinden, ob es grundsätzlich möglich ist, den Unterschied zwischen sehr künstlichen und echten Klavierklängen zu hören. 22 von 23 Teilnehmende haben diese Aufnahme auch richtig zugeordnet.
Diese Aufnahme habe ich bei der Auswertung nicht mit einbezogen. Es wurden nur die Einschätzungen zu den übrigen 12 Aufnahmen ausgewertet.
Du hast vielleicht bemerkt, dass es insgesamt 6 verschiedene Stücke gab. Jedes Stück wurde einmal mit einem digitalen und einmal mit einem echten Flügel eingespielt.
Die Auflösung des Rätsels
Jetzt bist Du sicherlich gespannt auf die Ergebnisse, damit Du prüfen kannst, ob Du die Aufnahmen richtig zuordnen konntest.
Die Lösungen findest Du in den nachfolgenden Tabellen.
Die Ergebnisse der Studie
Haben die angehenden Musikprofis den Unterschied gehört und die Aufnahmen richtig zuordnen können?
Es haben 23 Musikstudentinnen und -studenten teilgenommen. Insgesamt kann man festhalten, dass die Unterschiede zwischen digital und echt nicht gehört wurden.
Ohne Berücksichtigung der Testaufnahme 4 wurden 139 Aufnahmen richtig und 137 Aufnahmen falsch zugeordnet, also in etwa gleich viele.
Grundsätzlich kann man auch sagen, dass Aufnahmen, die mit Pedal gespielt wurden eher für echt gehalten werden, als Aufnahmen, die ohne Pedal gespielt wurden.
Demgegenüber wurden insbesondere die Aufnahmen mit kurz angeschlagenen Akkorden ohne Pedal (Aufnahmen 1 und 3) häufig für künstlich gehalten. Dies gilt sowohl für die auf dem echten Flügel eingespielte Aufnahme (3) als auch für die mit dem gesampelten Plug-In (1).
Ein wichtiger Faktor dafür, ob ein Klavierklang für echt oder künstlich gehalten wird, ist also auch das, was gespielt wird.
Auf der anderen Seite wurden die Aufnahmen mit dem Computer Plug-In The Grandeur signifikant häufiger für echt als für gesampelt gehalten.
Lohnt sich ein Flügel überhaupt?
Heißt das jetzt, dass es rausgeschmissenes Geld ist, wenn man einen Flügel kauft? Nein, natürlich nicht. Diese Studie soll nicht zeigen, dass Flügel überflüssig sind. Ich habe beispielsweise nicht das Spielgefühl eines Flügels getestet, sondern es ging ausschließlich darum, wie Aufnahmen mit den Instrumenten klingen.
Wenn ein Flügel im Raum steht und man ihn nicht mithilfe von Mikrofonen und Lautsprecherboxen verstärkt, ist der Klang natürlich ein ganz anderer. Und diesen Unterschied hätte man wahrscheinlich auch gehört.
Was grundsätzlich besser zum Üben ist, Digitalklavier oder akustisches Klavier, erfahrt ihr in unserem Video Echtes oder Digitalklavier – Was soll man zum Üben nutzen?
Fazit
Was diese wissenschaftliche Studie zeigt ist, dass man auch mit kleinem Budget und ohne großes Tonstudio oder echtem Flügel schon sehr gute Klavieraufnahmen machen kann. Die angehenden Musikprofis konnten die Unterschiede zwischen digital und echt nicht erkennen.
Mehr Informationen zum genauen Versuchsaufbau und den Methoden findet ihr in unserem Downloadbereich in der Studie, die ich bei Prof. Günther Rötter angefertigt habe.